Texte
Dr. Hans Schreier
Vorwort zum Katalog: Frank Hinrichs metamorph, Düsseldorf 2009
Als Frank Hinrichs sein Studium an der Heine-Universität und an der Kunstakademie Düsseldorf bei Alfonso Hüppi abgeschlossen hatte, und sich Mitte der 80er Jahre auf seinen eigenen Weg in die Kunst machte, erwies sich die vorausgegangene Studienzeit als produktiver Umweg. Unter dem beherrschenden Eindruck der ‘plastischen’ Erweiterung des Kunstbegriffs, wie Joseph Beuys sie propagierte, waren auch seine Anfänge von der Auseinandersetzung mit der Bildhauerei in diesem erweiterten Verständnis geprägt.
Aber schließlich sollte sich die Malerei als das seinem Temperament und seiner Haltung als “philosophischer” Künstler angemessenere Medium durchsetzen. In einer gleichsam mönchischen Haltung suchte Frank Hinrichs seitdem Intensitäten, die in der Zeit und der Stille der Abgeschiedenheit reifen konnten.
In einer 20 Jahre währenden Klausur ist ein komplexes, von philosophischen Fragestellungen geleitetes, gestalterisch vielfältiges Werk entstanden. Es wird getragen von einem Konzept, das Bilder als Übergang, als raumgreifende Objekte zwischen Skulptur und Malerei versteht, und sie als Mittler zwischen Realität und Imagination verortet. Im Bild als “imaginärem Ding”, durchdringen sich Wahrgenommenes und Erinnertes, Nähe und Ferne, Körper und Bild. Es stellt eine in ihrer Fragilität gebrochene Präsenz her, die als hier Anwesende immer auch einem Anderswo zugehört. Ob Handschrift oder Blindenschrift, Stele oder Epitaph, Raumfragment oder Rasenstück, immer verweisen die Gebilde auf Körper- und Gedächtnisspuren, die in ihre Oberflächen eingeritzt oder eingeschrieben sind, Abwesendes notieren und einen Raum jenseits des Physisch-Realen öffnen.
In den “Wegmarken” verwandelt sich die informelle Gestik als verlorene Spur in gegenständlich-fotografische Rasenstücke. Die Schriftbilder verweisen auf die Verbindung von Bild und Ton, auf visuelle Analogien zum Phänomen des Verklingens der Sprache, zum Flüstern, zum Verstummen: Erinnerungsfragmente zwischen Erscheinen und Verschwinden, Verlautbarung und Schweigen. Die “utopischen Körper” (Foucault) suchen nach der Überschreitung des körperhaft Gebundenen ins bildhaft Entgrenzte.
Als “gemalte Plastiken”, wie die Kritikerin Anna Hartnack Hinrichs Arbeiten treffend nannte, verleugnen seine Bilder die bildhauerischen Anfänge des Künstlers Frank Hinrichs nicht. Vielmehr verwandeln sie die Malereien, wenn Bildillusionen reliefartig aus der Oberfläche hervortreten, Bilder gleich Stelen auf dem Boden lagern, Bildrechtecke mit ihren Abrundungen Körperhaftes, Dinghaftes evozieren. Der Marmorstaub auf der Oberfläche vieler Arbeiten verleiht den ephemeren Gestalten der Bildkörper haptische Qualität, verführt zum unerlaubten Berühren: Rückverwandlung des Scheinhaft-Illusionären ins Konkret-Faßbare, das nicht zu fassen ist. Als utopischer Ort der Unmöglichkeiten verweist die Stoffverwandlerin Malerei auf die Metamorphosen des Seins.
Der Philosoph Andreas Steffens, dessen Weg ebenfalls in Düsseldorf begann, steuert als theoretischer ‘Komplize’ einen Essay bei, in dem er aus der Sicht seiner anthropologischen Ästhetik die wichtigsten kunsthistorischen und bildtheoretischen Hintergründe der Malerei Frank Hinrichs darlegt.
Ausstellung und Katalog sollen dazu beitragen, dass aus dem allmählichen Hervortreten dieses Werkes, das mit der ersten großen Einzelpräsentation der “Wegmarken” 2007 im ‘Maxhaus’ in Düsseldorf einsetzte, die fällige breitere Wahrnehmung wird, die es beanspruchen kann.
Dr. Hans Schreier
schreier & von metternich fine arts
Andreas Steffens
Die Natur der Kunst / The nature of art
in: Frank Hinrichs / Andreas Steffens, Broken Flowers, Düsseldof 2016
anläßlich der Ausstellung: Frank Hinrichs, Broken Flowers, Lisa Norris Gallery, London 2016
Andreas Steffens
Verschwindend erscheinen
Eröffnungsrede zur Ausstellung: Frank Hinrichs - Skripturen
Städtische Galerie Kaarst 2016
Andreas Steffens
Vom Anderswo der Malerei - Anders
Eröffnungsrede (Auszug) zur Ausstellung: Frank Hinrichs - Heterotopien
Galerie schreier & von metternich fine arts, Düsseldorf 2010
Andreas Steffens
Nirgends im Anderswo / Abgeschieden anwesend,
in: Frank Hinrichs / Andreas Steffens, Heterotopien, Düsseldorf 2010
Andreas Steffens
Auf Orions Schultern, zwischen Hades und Helios
Frank Hinrichs' mythopoietische Kunst des Malens
Andreas Steffens
Vom Verschwinden im Erscheinen,vom Erscheinen im Verschwinden.
Eröffnungsrede zur Ausstellung: Frank Hinrichs - Engramme
Kunstverein Duisburg, 2009